Wo bin ich geboren, was ist meine Heimat?

Ich wurde 1950 in Dresden, der damaligen DDR geboren.

Warum verließ ich meine Heimat und wie alt war ich damals?

Ich war zwei Jahre, als 1953 Josef Stalin starb und konnte gerade reden. Ich verkündete allen freudestrahlend „Stalin tot!“, was ich aufgeschnappt hatte. Obwohl es zunächst politisch eine aufgelockerte Situation gab, wurde eine solche Äußerung nach dem Aufstand am 17. Juni hoch gefährlich. Meine Eltern merkten, dass sie uns Kinder „zweigleisig“ erziehen müssten, sollte nicht die ganze Familie verhaftet werden. Außerdem waren wir sog. „Klassenfeinde“, weil wir eine Färberei, also ein Unternehmen besaßen. Ständig lebten wir in der Gefahr der Enteignung und Verhaftung. Meine Eltern begannen, die Flucht vorzubereiten und führten sie ein Jahr später aus, indem mein Vater mit mir von meiner Tante im Auto über die Grenze gefahren wurde, meine Mutter mit meinem Bruder per Eisenbahn in den Westen fuhr. Wir kamen zunächst bei meinen Großeltern in Stuttgart unter. Ich war drei Jahre alt, mein Bruder zwei.

Wie bin ich nach Voerde gekommen?

Meine Familie zog noch öfter um, weil mein Vater in Köln eine Anstellung fand, sodass ich in der Domstadt aufwuchs. Ich studierte und arbeitete an verschiedenen Orten, bis ich mich auf die Stelle der Leiterin der Familienbildungsstätte in Voerde bewarb. Ich wurde eingestellt und führte die Einrichtung einige Jahre.

Warum bin ich in Voerde geblieben?

Nicht nur ich, sondern auch mein Mann fand hier in Voerde Arbeit. Wir bauten allmählich unser Unternehmen auf und bekamen vier Kinder, die alle hier zur Schule gingen und inzwischen erwachsen sind. Für sie ist Voerde und unser Haus in der Rahmstraße ihre Heimat. Durch meine Arbeit in der FaBi und später mein ehrenamtliches Engagement in Kirche, Politik und Frauenarbeit fand ich schnell Kontakt und lernte Menschen kennen, mit denen mich bis heute eine tiefe Freundschaft verbindet.

Was fehlt mir heute hier?

In meinem Leben habe ich noch nie so lange an einem Ort gewohnt. Voerde bietet uns unseren Lebensunterhalt und ein engmaschiges soziales Netz von Freundschaft und Kollegialität, das ich unbedingt aufrecht erhalten will. Trotzdem erlebe ich bei meinen Besuchen in Sachsen ein Heimatgefühl, das ich vom Niederrhein nicht kenne. Auch das Klima bekommt mir dort besser.

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